Mittwoch, 6. August 2008

Semesterstart

Noch mal eine kleine Rückmeldung über meinen Blog, nachdem ein Monat ganz ohne Eintrag vergangen ist. Die Zeit vergeht einfach sehr schnell und es gibt so viel zu erleben, dass man es oft nicht schafft, sich abends noch mal hinzusetzen und seine Erlebnisse zu verschriftlichen.


Besuch des akshardham temple in Delhi mit Freunden aus dem Hostel

Letzte Woche ist dann endlich mein Semester losgegangen. Habe mich nach einigem hin und her für fünf Kurse entschieden. Drei aus dem Energiebereich, die ich noch für mein Studium brauche und zwei, die ich freiwillig mache. Die Pflichtkurse behandeln die Themen Sonnenenergie und solare Kälteerzeugung, sowie ein Kurs über Bioenergie und Müllverwertung. Die freiwilligen Kurse behandeln zum Einem eine Einführung in die indische Gesellschaft und zum anderen das Thema ländliche Industrialisierung. Bin mal gespannt wie es wird. Bis auf den Bioenergie Kurs war bisher alles ganz gut. Die Kurse sind sehr klein, dadurch aber auch sehr schulisch, mit Fragen an die Studenten oder auch kleinen Hausaufgaben oder dergleichen. Da muss man ein wenig die gute alte Aachener Anonymität aufgeben, aber dafür bekommt man vielleicht eine bessere Betreuung. Allzu viel sagen kann ich ansonsten zu den Fächern noch nicht, da es bisher erst allgemeine Einführungen und der gleichen gab.


Besuch des lotus temple

Mit dem Start des Semesters ist der Campus und das Hostel recht voll geworden. Für indische Verhältnisse ist noch alles sehr mäßig gefüllt, für deutsche Verhältnisse ist es jedoch schon eher überfüllt. Nachdem in den Letzten Jahren in Indien die neu ankommenden Studenten (Freshers) nicht sehr nett aufgenommen worden sind (ragging) sind jetzt hier sehr strenge Maßnahmen ergriffen worden, was den Umgang zwischen Senior (ältere Studenten) und junior (jüngere Studenten) ergriffen worden. Die Neuankömmlinge haben einen sehr strengen Tagesablauf, müssen zu bestimmten Zeit in ihren Zimmern sein und dürfen nicht in die Zimmer der senior-Studenten und umgekehrt. Das ist schon sehr komisch - hatte mich einen Abend nett mit einem der Fresher auf dem Flur unterhalten und dann gefragt ob wir uns nicht ins Zimmer begeben wollten, woraufhin er mir erklärte, dass er dies nicht dürfe. Was unter dem Stichwort ragging in Indien so abläuft kann man sich im Internet anlesen und ist sicher keine feine Sache - wie aber nun ein nahezu vollständiges Kontaktverbot zwischen älteren Studenten und Neuankömmlingen errichtet wird, erscheint mir keine gute Lösung zu sein.


Besuch eines Touri-Market mit Amod - meinen Zimmer-Nachbar

Ansonsten sind auch noch einige andere ausländische Studenten auf dem Campus angekommen und wir waren schon einen Abend zusammen feiern. War ganz nett und einige von den Leuten scheinen auch mit mir auf einer Wellenlänge zu sein, so dass man vielleicht die ein oder andere Reise gemeinsam anstreben kann. Wir werden sehen. Mein Hostel habe ich allerdings nicht gewechselt, da habe ich doch bevorzugt in "indischer Gesellschaft" zu bleiben. Musste nur den Raum wechseln. Die ausländischen Studenten wohnen alle zusammen in Zweierzimmern in dem Hostel gegenüber auf einem Flur. Bisher habe ich meine Entscheidung noch nicht bereut hier im Hostel geblieben zu sein, wir werden sehen…


Hochzeitsfoto von einer wedding party, auf die mich ein PSD-Student aus meinen Lab eingeladen hat

In der Freizeit habe ich ein paar kleinere Touren gemacht. An einem Wochenende waren wir mit neun Leuten nach Agra Taj Mahal besichtigen und letztes Wochenende war ich alleine in Shimla. Beides waren gelungene Ausflüge und haben, die Lust auf mehr reisen geweckt auch wenn es schade ist, wenn man immer nur das WE hat, da man doch sehr eingeschränkt ist, was die Möglichkeiten angeht. Aber muss man mit klarkommen, da man in erster linie ein mal zum studieren hier ist:-). Das Wochenende in Shimla hat ganz gut getan, das Klima auf über zweitausend Metern ist doch recht angenehm und ich hatte auch das Glück ein paar nette Leute zu treffen, mit denen ich meine Zeit verbringen konnte. Leider trifft man bei den Reisen auch immer viele nette Leute, die nur sehr beschränkt oder gar kein Englisch sprechen. Das ist immer sehr schade, da es meist die einfachen Menschen sind, über die man gerne mehr erfahren möchte, was aufgrund mangelnder Hindi-Kenntnisse jedoch kaum möglich ist. Die nächste Reise ist für übernächstes WE nach Amritsar geplant, dorthin werde ich mit Praminder fahren. Er wohnt dort in der nähe und wird mir die Gegend und sein zu Hause zeigen. Wird sicher eine spannende Sache.


Taj Mahal

Ansonsten heißt es erst einmal fleißig studieren :-) und die Studienarbeit vorantreiben. Nebenbei werden im September auch noch Hostelcompetitions anstehen und ich bin fest für das Fußballteam eingeplant. Hoffe mein Rücken spielt auch mit. Habe abends öfters mal mit ein paar Leuten was gekickt aber die Wettkämpfe zwischen den Hosteln sind hier eine große Sache, do dass es sicher heiß her gehen wird. Na ja, werde mich erst mal in "Training" begeben und schauen, was der Körper so hergibt. Wird aber sicher eine lustige Sache, da alle im Hostel ziemlich viel von den letzten Jahren erzählen.

Soviel zum Stand der Dinge auf New Delhi. Wie ihr aus dem Text erfahren herauslesen könnt, geht es mir gut - auch wenn man sagen muss, dass einem auch einige Leute und Dinge fehlen und man auch in einiger Hinsicht des Öfteren mit der indischen Kultur anstößt. Das lässt sich wohl kaum vermeiden und ist auch sicherlich nicht verkehrt, wenn einem die Unterschiede vor Äugen geführt werden. Dazu ganz kurz: In Shimla beispielsweise war ich einen Tempel besichtigen, wo die Leute mich sehr herzlich empfangen haben und mich sofort zum gemeinsamen essen eingeladen haben - diese Freundlichkeit und Herzlichkeit der Menschen ist sehr oft anzutreffen und ich glaube kaum, dass fremde Menschen, so in Deutschland empfangen werden. Bei gemeinsamen essen, hat mir ein Student dann erklärt, dass er immer Sonntags mit seinen Freunden zum essen hier herkommt und das Mahl offen für jeden sein - egal welcher Kaste oder Religion er angehört. Diese Gleichheit ist jedoch in der indischen Gesellschaft sonst nur selten zu beobachten. Meist ist eine klare hierarchische Struktur zu erkennen, Leute die einfache Tätigkeiten ausführen und Leute die sich bedienen lassen. Dieses Gefühl von Oben und Unten, von besseren und schlechteren Menschen ist sehr schwer zu begreifen. Als Student gehört man hier dann schon zu den Menschen, die sich bedienen lassen können, die sich über alles Mögliche beschweren können und sich oft auch für etwas Besseres halten. Aber mal abwarten, in dieser Kultur, Religion und Philosophie bleiben noch so viele Fragen offen, dass ich mir erst noch etwas Wissen anlesen oder erfragen muss, bevor man die Sachen mit der nötigen Objektivität beurteilen kann.